Holger hat geschrieben:Gut allein war schon das man sich nach 60 Jahren langsam an die Thematik traut.
Eben! Darum ging es ja und da gab es eben auch die Seite der Kriegsgefangenen!!!
Außerdem war Ostpreußen eben beherrscht von reichen, meist adligen Gutsbesitzern... und 3/4 der Bevölkerung lebte auf dem Land und auf den Gutshöfen.... Wenn man nichts weiter hat, als sein Leben, dann ist eine Flucht, die zudem verboten war, nur noch ein weiteres Kapitel im elenden Leben eines Tagelöhners... Hingegen jene, die eine Adelsherrschaft (Besitz, Stand, Macht...), die im Rest Westeuropas längst nicht mehr so ausgeprägt gelebt wurde (zum Beispiel in Frankreich), zu verlieren hatten, haben auf der Flucht nicht nur ihr Leben riskiert, sondern auch allen Besitz und eine Lebensart, die es danach so nicht mehr gab.... Daher, weil es eben der typischen Gesellschaftsordnung Ostpreußens entsprach, wurde aus der Sicht/ Erinnerung einer (aufgeklärten und modernen) Gräfin erzählt, aber immer unter Berücksichtigung der Mitschuld der eigenen Klasse (Gutsbesitzerfamilien), die Hauptschuld der Nazis und die Sichtweise bzw. das Elend der Kriegsgefangenen.... Wenn der Gutsherr, der Graf.... loszog, zog der gesamte Hausstand, das Gesinde, die Knechte..., das gesamte Dorf mit! Historisch korrekt! Ein Tagelöhner war vorher elend und sein Elend wurde durch Krieg und Flucht nur noch verstärkt! Das gibt also nicht wesentlich Neues für die Geschichte her....; gab und gibt es überall auf der Welt! Aber das Schicksal der Kriegsgefangenen hat mich wesentlich stärker berührt, denn darüber wusste ich bislang in diesem Zusammenhang wenig. Außerdem fand ich es erstaunlich, wie verwoben das Leben der Gutsbelegung mit ihren "Herrschaften" war. Und da sie Richtung Westen zogen, sah man, wie wenig die Bevölkerung zum Beispiel in Bayern uä im Vergleich zum tobenden Krieg im Osten zu leiden hatte, da von Osten her dieses Gebiet von der Roten Armee überrollt wurde und sie somit immer wieder zwischen die Fronten gerieten....
Das Tragische und das kam hier sehr deutlich zum Ausdruck, war ja, dass die Bevölkerung erst viel zu spät evakuiert wurde, es lange unter Todesstrafe gestellt wurde und zum Schluss nur noch der Weg über die Ostsee blieb.... Von ca. 1,4 Mill. Flüchtlingen kamen ca. 311.000 auf der Flucht (vor allem im Winter bei ca. -30 °C) um!
Das alles kam recht gut zum Ausdruck und hat mich sehr bewegt.... Es gibt eben immer mal Geschichten, die einen mehr berühren als andere....